Als am 3. Dez. 1967 Christian Barnard in Kapstadt seinem Patienten, dem 54 Jahre alten Louis Washkansky das Herz einer Unfalltoten einpflanzte, war die Weltöffentlichkeit weit mehr beeindruckt als bei anderen medizinischen Pioniertaten. Das lag vor allem an der im Unterbewusstsein des modernen Menschen nach wie vor verankerten mystischen Bedeutung dieses mit dem Lebendigsein am deutlichsten verbundenen Pumpmuskels. Die Transplantation des Herzens eines Toten, das im Empfänger weiterlebt, ist eine moderne, säkulare Analogie der Herzbestattung.

Der zweite erfolgreich von Barnard transplantierte Patient Philipp Blaiberg erinnerte sich in seiner Autobiographie an eine charakteristische Episode:

„Prof. Barnard und ich saßen auf meinem Bett und betrachteten mein Herz mit kühlem Berufsinteresse. […] Prof. Barnard blickte von meinem Herzen auf und sagte mit feinem Spott: ‘Ist Ihnen eigentlich klar, Herr Doktor Blaiberg, dass Sie in der Geschichte der Menschheit der erste sind, der sein eigenes totes Herz betrachten kann?'”

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird keine Herzbestattung mehr stattfinden. Die magische Bedeutung dieser Tradition ist nur noch Kulturhistorikern und Anhängern der Monarchie nachvollziehbar. Besucher gehen achtlos und verständnislos an den verstaubten Urnen und Kardiotaphen vorüber.

Dennoch bleibt diese Funeralsitte eine eindrucksvolle Verkörperung der Rezeption des Herzens im Volksglauben, in der Kultur- und Religionsgeschichte des alten Kontinents.

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